Kritische Systemtechnik braucht verlässliche Datenintelligenz
By: SiliconExpert on August 26th, 2025
Ein Gespräch mit Felix Förnzler, Regional Sales Manager, DACH
Im Luft- und Raumfahrt- sowie Verteidigungssektor (LRV) gilt eine unverrückbare Tatsache: Systeme werden für Jahrzehnte gebaut – doch ihre Komponenten oft nicht. Besonders in der DACH-Region – Deutschland, Österreich, Schweiz – wo Langlebigkeit, strenge Vorschriften und eine präzise Lieferkette den Standard setzen, wird das zur besonderen Herausforderung.
Obsoleszenz ist dabei nicht nur ein technisches Problem, sondern ein strategisches Risiko. Verlässliche Datenintelligenz ist unsere stärkste Waffe dagegen. Wir haben mit Felix Förnzler, Regional Sales Manager für die DACH-Region, darüber gesprochen, wie intelligente Datennutzung die Herangehensweise von LRV-Unternehmen an dieses komplexe Thema verändert.
Frage: Obsoleszenzmanagement ist im LRV-Bereich ein immer größeres Thema, vor allem bei Programmen mit langen Lebenszyklen. Was beobachten Sie in der DACH-Region und wie verändert sich der Umgang damit?
Antwort: Früher sind Ingenieurteams eher reaktiv damit umgegangen. Heute – bei schrumpfenden Lieferantenpools, strengeren Vorschriften und engeren Zeitplänen – steht das Thema ganz oben auf der Agenda. In der DACH-Region, wo lange Systemlebensdauer die Norm ist und auch Compliance-Regelungen zunehmend kritischer betrachtet werden, sehen wir einen klaren Wandel: Die Frage ist nicht mehr, ob Obsoleszenz ein Problem wird, sondern wann – und wie schnell man proaktiv handeln kann. Genau hier macht verlässliche Datenintelligenz den Unterschied.
Frage: Wie können LRV-Unternehmen Datenintelligenz einsetzen, um Obsoleszenz frühzeitig zu erkennen und zu entschärfen?
Antwort: Datenintelligenz ist der Schlüssel, um Risiken zu identifizieren und zu beseitigen, bevor sie überhaupt entstehen. Bei SiliconExpert setzen wir auf unser Resilience Rating, das neben Lebenszyklusprognosen auch Quasi-Obsoleszenz – wie fehlende Beschaffbarkeit am Markt oder verschärfte Compliance-Regelungen – sowie Nutzungs-Trends und volle Transparenz in der Lieferkette in Betracht zieht, um drohende Probleme vorherzusagen. Das ist gerade im LRV-Sektor entscheidend, wo Verteidigungssysteme über Jahrzehnte einsatzbereit bleiben und höchste regulatorische Standards erfüllen müssen.
Wir bündeln historische Nutzungsdaten, erwartete Lebensdauer von Bauteilen und Lieferanteninformationen in einer zentralen Plattform. So können wir risikobehaftete Bauteile früh erkennen und Gegenmaßnahmen starten – sei es durch alternative Designs, rechtzeitige „Last-Time-Buy“-Bestellungen oder durch gemeinsame EOL-Roadmaps mit Lieferanten.
Frage: Welche Werkzeuge oder Integrationen nutzen Sie, um Daten zu sammeln und auszuwerten, und wie fließt das in Ihre Entscheidungen ein?
Antwort: Wir kombinieren eigene Dashboards mit ERP- und PLM-Integrationen sowie externen Datenbanken, um ein vollständiges Bild von Bauteilzustand und Lieferkettenrisiken zu erhalten. Diese Systeme verfolgen alles – von LTB-Meldungen über aktuelle Verfügbarkeiten bis hin zu neuen (verschärften) Compliance Regelungen.
Die Daten unterstützen sowohl kurzfristige als auch langfristige Entscheidungen. Kurzfristig zeigen sie uns, wann gekauft, redesigned oder requalifiziert werden muss. Langfristig helfen sie uns, Redesigns zu priorisieren, die Lieferantenbasis zu diversifizieren und so unliebsame Überraschungen zu vermeiden.
Frage: Können Sie ein Beispiel nennen, bei dem Datenintelligenz half, ein plötzlich auftretendes Risiko in einem kritischen Projekt zu vermeiden?
Antwort: Ja, ein sehr prägnantes Beispiel stammt aus der Zeit, als der Krieg in der Ukraine ausbrach. Damals betreute ich einen Kunden, der Produkte nach Russland liefern sollte. Der Krieg kam für viele überraschend – und mit ihm sofortige Beschränkungen für Lieferungen, insbesondere von Gütern, die militärisch genutzt werden konnten.
Dank einer schnellen Überprüfung der relevanten Exportkontrollnummern konnten wir kritische Produkte sofort identifizieren. Diese Lieferungen wurden buchstäblich in letzter Minute am Zoll gestoppt. Dadurch haben wir nicht nur mögliche rechtliche Folgen verhindert, sondern auch einen erheblichen Reputationsschaden für den Kunden abgewendet. Dieses Ereignis hat mir erneut gezeigt, wie wichtig aktuelle und präzise Daten im Risikomanagement sind.
Frage: Wie arbeiten Sie mit Lieferanten und Kunden zusammen, um proaktiv und datenbasiert gegen Obsoleszenz vorzugehen?
Antwort: Zusammenarbeit ist entscheidend. In der DACH-Region legen Unternehmen großen Wert auf klar geregelte und nachvollziehbare Informationsflüsse. Transparenz innerhalb definierter Partnerschaften ist dabei ebenso wichtig wie höchste Datensicherheit. Mit Bauteillieferanten pflegen wir feste Kommunikationswege, um frühzeitige Meldungen, Lebenszyklus-Updates und Roadmap-Einblicke zu erhalten.
So können unsere Kunden EOL-Strategien abstimmen und Beschaffungsprobleme rechtzeitig entschärfen. Bereits in der Entwicklungsphase unterstützen wir sie dabei, die langfristige Verfügbarkeit von Bauteilen zu bewerten und Produkte über den gesamten Lebenszyklus hinweg auf Änderungen oder Abkündigungen zu überwachen. Unser Resilience Rating liefert jederzeit eine umfassende Risikoanalyse – von der Gefahr gefälschter Bauteile bis hin zu Umweltauflagen und deren möglichen Ausnahmen im LRV-Bereich.
Frage: Welche Strategien nutzen Sie, um Datenintelligenz langfristig im Obsoleszenzmanagement zu verankern – gerade bei sich wandelnder Technik und Gesetzeslage?
Antwort: Wir arbeiten mit drei zentralen Ansätzen:
- Prädiktive Risikoanalyse – Mit historischen Daten und Trendanalysen prognostizieren wir künftige Risiken. Unsere firmeneigenen YTEOL-Algorithmen (years to end of life) geben klare, messbare Entscheidungsgrundlagen für Redesigns, Last-Time-Buys oder sichere Lebenszyklusverlängerungen.
- Digitale Lebenszyklus-Integration – Unsere digitalen Produktmodelle beinhalten von Anfang an Obsoleszenzindikatoren, sodass Ingenieure schon beim Entwurf auf Lebensdauer und Verfügbarkeit achten.
- Regulatorisches Mapping – Wir gleichen unsere Daten fortlaufend mit Umweltgesetzen, Exportkontrollen und Branchenstandards ab, um über den gesamten Lebenszyklus hinweg Compliance sicherzustellen.
Diese Strategien vermeiden nicht nur böse Überraschungen, sondern sorgen für fundierte Entscheidungen in allen Projektphasen.
Frage: Welche Bedeutung hat die frühe Suche nach alternativen Komponenten?
Antwort: Sie ist absolut zentral. Je früher Alternativen gefunden und qualifiziert sind, desto mehr Handlungsspielraum bleibt – ohne hohe Kosten, Verzögerungen oder neue Zertifizierungen. Bei SiliconExpert helfen wir Kunden, „Drop-in“- oder „Form-Fit-Function“-Alternativen zu sichern, bevor Lieferprobleme überhaupt spürbar werden.
Das habe ich 2020 in der Hochphase der Allokationskrise erlebt. Damals, im Inside Sales bei einem großen Distributor, habe ich LRV-Kunden täglich unterstützt. Hochwertige Komponenten wie Mikrocontroller oder Sensoren waren knapp, aber oft konnten wir gemeinsam mit den Herstellern Lösungen finden. Unerwartet problematisch waren dagegen einfache Bauteile, die eigentlich leicht ersetzbar wirken – die aber dann doch eine Neuzertifizierung auslösten. Diese Erfahrung hat mich gelehrt: Frühzeitige Einblicke in mögliche Risiken und Alternativen zertifiziert zu haben ist Gold wert.
Frage: Wo sollten Ingenieure und Projektleiter im DACH-LRV-Bereich anfangen, wenn sie Obsoleszenzrisiken vorbeugen wollen?
Antwort: Mit ihren Daten. Ohne Einblick in Lebenszyklen, Lieferantenstabilität und regulatorische Risiken arbeiten Sie im Blindflug. Die gute Nachricht: Die nötigen Werkzeuge sind heute verfügbar und einfacher zugänglich als je zuvor. Ob Sie Lebenszyklusdaten schon in der Konstruktionsphase nutzen oder Frühwarnsysteme in der Lieferkette einführen – selbst kleine Schritte bringen große Vorteile.
Fazit: Obsoleszenzmanagement ist nicht nur eine Frage von Bauteilen – es geht um Leistung, Vorhersehbarkeit und Vertrauen. In der DACH-Region, wo Präzision und Planung entscheidend sind, ist Datenintelligenz längst kein Luxus mehr, sondern die Grundlage für nachhaltige Systemunterstützung, Programmstabilität und Kundenzufriedenheit.
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